Nichts als schöne Worte - Untersuchungen zur Reizverarbeitung im Schlaf

Für viele Menschen gehören sie inzwischen zum Alltag. Am Abend ist man müde und sackt vor dem Fernseher in einen tiefen Schlummer. Immer mehr Menschen machen sich das zu nutze und hören sanfte Meditationsmusik, leise und angenehme Geräusche via ASMR oder ganze Hörbücher zum Einschlafen mit dem festen Vorsatz, dass die Geräuschkulisse den Schlaf gern positiv begleiten soll. 


Lange galt diese Praxis als absoluter Schlaf-Killer! Es wurde jedem empfohlen, bloß nicht vor dem TV-Gerät einzuschlafen und bis heute gibt es diese unumstößliche Grundregel der Schlaf-Hygiene: Keine Geräte wie TV und Handy im Schlafzimmer, am besten lange vor dem Schlaf alles ausschalten und bloß nicht am Morgen als erstes die Nachrichten am Handy checken. 
Nicht nur neurodivergente Menschen, deren Gehirne vor allem im Schlaf besonders aktiv sind und daher viel Unruhe auslösen, greifen heute zu diversen Services und Angeboten, um sich sinnvoll und förderlich mit den technischen Möglichkeiten zu arrangieren. 

Nun konnte erstmals belegt werden, dass die Strategie tatsächlich aufgeht. 


Forscher an der Universität Lüttich (Belgien) haben in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern der Universität Freiburg (Schweiz) untersucht, wie sich die Schlafqualität im gesamten Körper verändert, wenn man den Menschen entspannende oder neutrale Worte ins Ohr flüstert. Besonders die Kommunikation zwischen der Informationsverarbeitung im Gehirn und der Herzfrequenz sollte eigentlich im Tiefschlaf kaum noch vorhanden sein. Doch das Gegenteil war der Studie zufolge der Fall - die Herzen der schlafenden Probanden verlangsamten ihren Takt und senkten die Aktivität des gesamten Organismus, sobald angenehm entspannende Worte gesagt wurden. Auch die Dauer der Tiefschlaf-Phase konnte verlängert werden, indem die Probanden nebenbei wohltuende Worte hörten.
Sprachen die Wissenschaftler hingegen weniger entspannende Begriffe aus, änderte sich am Herzen nichts. 

Die Studie, die kürzlich im Journal of Sleep Research veröffentlicht wurde, (Link öffnet in neuem Tab) verweist nicht nur auf die Richtigkeit der Annahme, dass wir im Tiefschlaf noch Informationen aus der Umgebung treffsicher interpretieren. Nein, auch für die Rolle des Herzens in der subjektiven Wahrnehmung der Welt konnte hier deutlich belegt werden. 

Ebenso neu ist an dieser Studie, dass die Schlafforschung sich bislang ausschließlich auf die Rolle des Gehirns konzentriert hatte. Nun beginnt man also auch weitere Körperreaktionen in die Überlegungen zur Schlafqualität einzubeziehen. 

Wenn du also heute Nacht das Gefühl verspürst, liebe Worte und eine angenehme Stimme in deiner Nähe zu haben, scheu dich nicht sie zu nutzen - auch wenn du dafür dein Handy oder ein anderes Gerät benutzen musst. Zwar wissen Forscher schon, dass der Mensch auch im Tiefschlaf träumen kann, hier sind die Träume aber flüchtiger und weniger intensiv, man erinnert sich auch seltener an sie. Besonders für Menschen, die unter sehr intensiven Träumen leiden, kann der Gebrauch von entspannender Musik oder eines Hörbuchs durchaus die Lebensqualität verbessern. 

Einen Haken hat die Entdeckung: Wir verstehen nun auch besser, warum sich eine stressige Umgebung oder negative Stimmung auch negativ auf unsere Träume auswirkt. Das Gehirn verarbeitet alles, was es hört - auch im Tiefschlaf. Keine Information geht verloren. Und so manche tauchen fast gleichzeitig in unseren Träumen auf. Du solltest darum besonderes Augenmerk darauf legen, welche Art von Geräuschen du zum schlafen hörst - eine plötzliche hektische Werbeunterbrechung oder eine Gewaltszene im Hörbuch könnten die Nacht zum Alptraum machen. 



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